Das Kotzbuch mit Verdauungsfolgen

 

Neubeuern - Zierlich, sehr schlank und mit stolzem Babybäuchlein stand die Buchautorin Diana Fey vor den Mädchen der Klassen 7 bis 9 der Hohenau-Mittelschule in Neubeuern und berichtete von ihrem intimen 15 jährigen Würge-Kotz-Werdegang.
Als Mittlere von drei Kindern geboren, verlief auch ihre Kindheit mittelmäßig. Sie war gesund, unkompliziert und ‚pflegeleicht’.
Dann passierte es zu Weihnachten. Die Tante begutachtete ihre langen schlanken Finger, die einen Kontrast zum restlichen Körperwuchs bildeten und meinte ‚in unserer Familie sind sie alle klein und etwas rundlicher’. Diese Aussage schlug ein wie der Blitz und traf die empfindliche Psyche. Musste sie akzeptieren, dass die Prägung den Wunsch nach einem attraktiven Aussehen schlagartig zerstörte? Schon bald  benutzte sie ihre langen, dünnen Finger als Brechstangen, um Kalorien aus dem prall gefüllten Magen in die Kloschüssel zu katapultieren. Dabei war das Gebot der Heimlichkeit zu wahren. Mit ihren Fress-Brech-Orgien korrigierte Diana die genetischen Anlagen und verlieh sich Macht über körperliche Entgleisungen. Diese Erkenntnis im pubertierenden Teenageralter entwickelte sich zum Kontroll-Zwang  und bewirkte einen krankhaften Synergieeffekt. Geben und Nehmen beherrschte den Schlankheitswahn, Gelüste einverleiben und als Gefühle wieder zu erbrechen - so hatte Diana ihre figürlichen Formen nebst ihrem freundlichen Verhalten stets fest im Griff. „ Äußerlich und innerlich ging ich als wandelnde Lüge durchs Leben“, verriet Fey in ihrer Biographie, aus der sie den Schülerinnen einige Passagen präsentierte, „Allen spielte ich etwas vor, einschließlich mir selbst, denn Bulimie ist nichts weiter als eine ‚perfekte Enttäuschung‘.“
Das Gymnasium schmiss die Schülerin, weil dortige Toiletten zu „offensichtlich“ waren, unter anderem keinen Schutz vor möglichen Geräuschen baten. Den Arbeitgeber wählte sie dann tatsächlich mit der Prämisse, verschließbare Einzelkabinen vorzufinden. Selbst die Initiative eines guten Freundes kenterte im Gefühlsstrudel.  Er klebte ihr das Bild eines unterernährten afrikanischen Kindes mit Hungerbauch auf den Spülkasten. „Es sollte darauf aufmerksam machen, dass ich ausspucke, was zum Überleben hilft. Doch in die großen dunklen Augen sah ich nicht, weil mein Gesicht befreiend in den Kreis der Brille absank“, erklärt die Autorin ihr Syndrom.
Ihren Leidensweg beendete die heute 33 Jährige endgültig vor vier Jahren. Zudem befindet sie sich auch heute noch in therapeutischer Behandlung. Eine empfindliche Bauchspeicheldrüse, die zur Diabetes neigt, äußert sich nachhaltig zur Folge der Essstörung.
Mit ihrem Buch ‚Kotzt du noch oder lebst du schon’  gestattet die Autorin tiefe Einblicke in den Verlauf der schonungslosen Krankheit und verordnet mit humorvoll gespickten  Bekenntnissen Seite für Seite ein Rezept zur Überwindung der Sucht.
Aufklärungsarbeit leistet Diana Fey in Schulen oder Kliniken. Wach rütteln will sie Freunde und Erziehungsberechtigte, Früherkennung fördern und zeigen, dass mit Vertrauen, Zuversicht und dem ‚miteinander Reden’ auch lebensbedrohliche Krisen selbstbewusst und anhaltend bewältigt werden können. Die Schülerinnen, mitunter Betroffene als auch Angehörige, folgten ihren Ausführungen aufmerksam und nahmen sich ihre Worte zu Herzen. „Ich freue mich über jeden, dem dieser Würge-Wahn erspart bleibt.“, so Fey, die gerne bis Ende Januar Anfragen von Schulen in Oberbayern zu Vorträgen im Rahmen ihrer Aufklärungsarbeit annimmt.
Mehr Informationen unter www.dianafey.de

Text/Foto: Petra Reischl-Zehentbauer

 

 

Diana Fey liest an der HOHENAU-Schule

 

 

 

 

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